44. Singwoche
Pöllau 3 - 2016

Gehe nie zu deinem Fürst,
wenn du nicht gerufen wirst.
Befolgend dieses alte Motto
von Tante Anna, Onkel Otto
(dass deren Namen ich verrate)
wie immer Wolfgang und Renate
uns luden ein offiziell
zur Wallfahrt an den Hirschbirnquell.

Die beiden waren wieder fleißig,
drum warn wir heuer fünfunddreißig,
und rechnet man hinzu die Jugend,
die auch noch kam – welch schöne Tugend –,
so warn wir letzten Endes vierzig,
mit denen gut es musiziert sich.
Aus KO, aus MI, HL, WU,
aus W, MD, BN dazu
sind alle Wagen wieder da –
selbst die Exoten aus NK.

Und weil wir grad beim Zählen sind:
Schon an der Pforte gar geschwind
wir alle werden registriert;
wann wir geboren, wird notiert,
und Schlüssel werden ausgegeben,
die führen auch ein Eigenleben:
Wenn sie verschwinden – oh verflucht –,
man findet sie, wo man nicht sucht.
Und diesmal gibt es nicht wie immer
nur eine Nummer für das Zimmer
jetzt sind die Noten nummeriert.
Mit Filzstift wird nicht mehr geschmiert,
auch Raubkopien sind kaum mehr möglich,
so steigt der Noten Kurswert täglich.

Im JUFA alles blieb beim Alten,
Frau und Herr Heschl fleißig walten,
umgeben von den guten Geistern,
mit denen sie den Alltag meistern.
Es fehlen birra nicht und vino,
hingegen der Herr Cividino.
Doch mit nicht minder froher Miene
bedient uns seine Großkusine.

Alpakas, einst in aller Munde,
sich halten jetzt im Hintergrunde.
Da denkt sich dann die liebe Nanni:
Hier einmal dominieren kann i.
Sie ist denn immer sehr erregt,
wenn sich vorm Haus ein Hund bewegt,
und übertönt wird diese Meute
nur von der Kirche Festgeläute.
Der Stichwahl sich in Pöllau stellen
wohl Van der Glocken, Van der Bellen.

Der Abend eins zum Opfer fiel
für dieses Mal dem Fußballspiel.
Man bleibt fast bis ins Morgengrauen
beim öffentlichen Kickerschauen,
wenngleich nicht durchhält jede, jeder
bis zu dem Siegestor des Éder.

Die Niederlage seiner Blauen
kann Niki sichtlich schlecht verdauen;
er droht dem Chor, noch voll von Leid,
mit zwei Minuten Nachspielzeit.

Ein Ausgleich für den Niki war,
dass Texte er von René Char
französisch durfte rezitieren,
um eine Lesung zu garnieren.
Der Schlüsselmann der Résistance
war auch der Dichter der Provence
und Peter, der grad dort gewesen,
versucht sich jetzt im Fährtenlesen.
Dieweil die Sigrid singt im Chore,
bleibt Peter auf der Holzempore,
bis dass das Wetter ihn vertreibt
und er woanders weiterschreibt.
Die langen Sätze leiden nicht,
sie bleiben lang, wenn man sie spricht.
Der Peter reißt uns in den Strudel
zu suchen nach dem Kern vom Pudel.
Wen faszinierte, was er sprach,
der les’ in seinen Büchern nach.

So wie der Dichterabend wird
auch noch ein weitrer inszeniert.
Es führt der Franz ins Herz der Woche
behutsam die Gesangsmischpoche.
Spricht er vom Hohelied der Liebe,
so ist’s, als ob er’s selber schriebe.
Der Hans und die Cornelia
sind mehr als nur Staffage da.
Sie lesen beide herzergreifend,
und kennt man sie schon lange reifend,
so sieht man, wie in ihrem Streben
das Hohelied erwacht zum Leben.

Hier wenden wir den Blick auch hin
auf Judit und auf Benjamin.
Sie und Edita sind zugegen
auf Jakobs- und auf andern Wegen.

Die Werke, die wir heuer sangen,
im Hohelied zusammenklangen.
Von Billings bis zu Duruflé
es reichte diesmal das Buffet,
von Schütz bis hin zu Andraé Crouch
lag diesmal etwas auf der Couch.
Als ob wir nicht genug schon hätten,
wir leisteten uns gar einen Letten.
Und mittwochs Niki ist’s gelungen,
dass alles ward schon durchgesungen.

Der Niki ist kein Langeweiler,
jedoch ein Ohne-Ende-Feiler.
Von Burschen fordert er und Mädeln,
dass sie den letzten Ton veredeln.
Lässt jemand sich bei was erwischen,
empfiehlt er einen Freund zum Zischen.
Er droht den Herren und den Damen:
Das nächste Mal ich nenne Namen!
Und er verweist ins Reich der Medizin
das Tusqui, Dasin und Nitin.
Gar vollends was für Idioten
ist ihm der Gebrauch des Autopiloten.
Er legt, wenn jemand singt nicht nett,
ihn ins IKEA-Wasserbett.
Ganz unten durch ist bei dem Burli,
wer statt dem surely singt ein Schurli.
Doch ist er fähig auch zur Milde
und nicht nur immerfort der Wilde.
Dem Volk, begnadet für das Schöne,
er suggeriert die Skalentöne.
Vielleicht, weil er so frankophil,
er schießt so gerne übers Ziel.
Der Mann mit 100.000 Volt
hat immer Munition im Colt.
Ist’s noch Musik, ist es schon Tanz?
Das weiß man bei ihm niemals ganz.
Er hält noch für die ärgsten Fools
bereit die tollsten Pesl-Tools
und im Vergleiche abgespeckt
erscheint zu ihm die Sister Act.

Jetzt aber zur Genussregion,
und was wir heuer sah’n davon.

 

Gerade noch bei schönem Wetter
besuchten wir den Obsthof Retter.
Was Cidre ist und was ein Cider
erfuhren dort die Nichtinsider
von einem echten Kapazunder,
der uns berichtet wahre Wunder.
Ein Sportler, der nicht weiter wusste,
bloß Retters Säfte trinken musste,
und in zwölf Wochen ganz unstrittig
des Blutes Werte waren mittig.
Da tönt es laut von fern und nah:
Der Obsthof, der Retter ist da.
Freilich, sagt uns der Allgäuer,
ist, was was wert ist, eben teuer,
und er verrät sein heilig Maß:
Die Wahrheit, sagt er, ist im Glas.

Der zweite Ausflug galt den Klängen,
die man in eines Tunnels Engen
zu hören hoffte in Birkfeld.
Wenn das Versprechen auch nicht hält
und statt des Tunnels steht ein Schloss,
uns dies die Stimmung nicht verdross.
Wir freuten uns an Kupferschalen
und auch an rätselhaften Zahlen,
ob etwa unser Nikolaus
den Hörsinn hat der Fledermaus?
Und gleicht nicht gar, wenn er hört hin,
der Franz dem Besten, dem Delfin?

Kaum waren wir beim HNO,
erwartet uns im JUFA froh
der Augenarzt mit einem Flipchart.
Der Niki ja mit keinem Trick spart
uns aus der Lethargie zu reißen.
Wir soll’n im Alphabet dergneißen,
ob wir beim A, beim B, beim C
die Hände heben in die Höh’
oder nur die linke, rechte –
und er das alles blitzschnell möchte.
So etwas schreckt mich faules Kindl,
nicht aber die Frau Doktor Gschwindl.
Die Eva flitzt mit ihrem Lancia
im Joglland wie in La Mancha
den lahmen Enten rasch davon.
Sie hat, was Niki wünscht: Vision.

Am nächsten Tag gleich noch einmal
wir fuhren in das Feistritztal
und nach Birkfeld, um dorten selber
zu sehen, wie er’s macht, der Felber.
Auf jeden Fall, so stellt man fest,
er nichts dem Zufall überlässt.
Noch eh man sich’s vergegenwärtigt,
wird man am Fließband abgefertigt.
Es führet Lehmanns Gartenbahn
die Schoko bis zum Mund heran.
Als Glücksfall sich der Sohn erweist,
der seines Vaters Werke preist.
Der Jogl, der sich als Johannes
im Filme offenbart, der kann es.

Dann darf mit Haarnetz und mit Patschen
man auch das Heiligtum durchhatschen.
Dort wartet am Altartisch schon
die herrlich süße Kommunion.
Die Wandlung folgt hier erst zuletzt,
wenn Frucht mit Schoko wird benetzt.
Man zeigt sogar die Sakristei
mit dem, was man so menget bei.
Am Ausgang, kaum erwarten wir’s,
es lauern dann die Souvenirs.
Und froh die Felber wohl hier singen,
dass süßer die Euros nie klingen.

Oh Gott, jetzt ist es acht Uhr dreißig,
ihr probt noch unten bienenfleißig
und ich bring längst nicht aufs Papier,
was ich noch sagen wollte hier.

Vor allem sagt mir mein Detektor:
Vergiss nicht auf den lieben Rektor.
Für ihn ist Nummer fünfundvierzig
nicht bloß ein Jahrgang, der verliert sich
unter all den vielen andern,
denn er ist im Begriff zu wandern.
Was er begonnen als Kaplan,
was unterm Pfarrer reift’ heran,
das tritt jetzt ein in Phase drei,
in der wir heute sind dabei.
Mag er in Zukunft nicht mehr schillern
wie bisher in dem Zentrum Spillern,
so mag er uns doch nicht entrücken
in Rückersdorf und alle Brücken
abbrechen, die er selbst erbaut.
Wenn auch sein letztes Haar ergraut –
er bleibt in unsern Herzen ganz
der immer junge Pfarrerfranz.
Der Herr der Harfen und der Stäbe,
der Herr der Töne, hoch er lebe!

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