43. Singwoche
Pöllau 2014

Sitz in Erwartung eines Fisches
ich an dem Ende eines Tisches,
so weiß ich, dass ganz andrer Art
das ist, des die Gesellschaft harrt.
Sie wartet, wenn ich dorten sitze,
von mir auf Lach- und Geistesblitze,
und wehe, wenn ich sie enttäusche.
Schon hör ich, dass die Steinerts, Läusche,
und wie sie alle heißen mögen,
den Vorschlag hinterrücks erwägen,
damit ich’s keinesfalls verderbe,
mich aufzunehmen in das Erbe
der Weltkultur bei der UNESCO,
als wäre ich ein altes Fresko.

Als Vorbild dieser Perfidie
dient jetzt die Hirschbirnstrategie.
Seit irgendein Touristik-Pirschhirn
erfunden hat den Kult der Hirschbirn,
treibt dieser Kult die tollsten Triebe
in Pöllau bis zur Hirschbirnliebe.
Womöglich lechzt auf Pöllaus Almen
der Hirsch in Zukunft in den Psalmen
nach Birnen statt wie jetzt nach Wasser,
und fröhlich klingelt schon die Kassa.

Ich weiß, das int’ressiert euch nicht;
ihr wollt ein Singwochengedicht
mit möglichst den kompletten Namen
all derer, die nach Pöllau kamen.
Das sprengte freilich meinen Rahmen.
Drum nenn ich ein paar Herrn und Damen,
die ohne oder mit Funktionen
seit einer Woche hierorts wohnen.

Der Erste ist der Pfarrer Franz,
der sich vom Dirigieren ganz
zurückgezogen hat zuletzt,
doch immer noch Akzente setzt.
Dass er die graue Eminenz –
an vielen Dingen man erkennt’s:
Er ist es, der die Stäbe bringt;
der mit dem Bass gar mächtig singt;
der richtet von dem hohen Stuhl
streng über den Liturgenpfuhl;
und einen Bischof ruft vom Berge
ins Tal zu treffen seine Zwerge.
Amtsführend wirken sozusagen
seit Abrahams Prophetentagen
Renate, Wolfgang zuverlässig
und heuer auch nicht allzu stressig.
Dafür war groß die Zahl der Sänger,
die kürzer blieben oder länger,
und eine Schrecksekunde war
des Hauses Brand vor einem Jahr.
Doch umso schöner nach dem Brand –
Rise like a Phoenix – es erstand.
Frau Heschl schaut nicht länger scheel an
den Gast, der haben möcht ein W-LAN,
und warten muss sie länger nimmer
auf Flachbildschirme für die Zimmer.

Der Stil des Hauses blieb bestehen,
wie wir an jener Tafel sehen,
die aufklärt über Weises, Krauses
schon bei der Planung dieses Hauses:
Statt eines Steines, den man wetzt,
ward hier ein Liegestein gesetzt.
Er stärkt den Yin-Punkt des Geländes,
so wie im Osten letzten Endes
den Yan-Punkt stärkt ein andrer Stein.
Mit einem Wort: Hier ist es fein.

Ein weitres sichtbares Ergebnis
des JUFA-Mottos „Landerlebnis“
sind Tiere, die wir nicht erwarten
in einem Steiermärker Garten.
Vertraut sind wir mit dem Attacca
aus der Musik, doch ein Alpaka
hat kaum von uns wer je berührt
und zum Spaziergang ausgeführt.
Hier aber werden Träume wahr
für Eva, Susi, Martha Paar
und Heike, diesen Kleinkamelen
den Weg zum Aupark zu befehlen.
Als wärn wir in der Mongolei,
wird dort gemacht ein Konterfei
der stolzen Fürsten mit den Tieren,
die kratzen sich mit allen vieren.
Zum Abschluss wird als Leckerbissen
von den Alpakas schaugeschissen.

Passend zu den fernen Welten
man kann auch schlafen hier in Zelten.
Es schliefen, da die Töchter murrten,
die Eltern Paar in diesen Jurten
zwei Nächte und sie froren nicht,
bloß ist der Gang zum Klo zu licht.
Von Poysdorf ist es weit hier her,
von Zöbern dafür nicht so sehr.
Doch diesmal kam dies nicht zum Tragen;
Es rückte jüngst in diesen Tagen –
wenn ich des Pfarrers Wort mir leihe –
der Hans „vor in die erste Reihe“.

Zwei altgediente Dirigenten
auch diesmal ihre Kunst uns gönnten:

Der Raimund kam uns ernst und heiter
und manchmal auch als Blitzableiter.
Denn nichts erregt so sehr den Chorsturm
als wie ein ausgewachsner Ohrwurm.
Mag es „Nur du, du, du allein“,
mag es ein Billy Joel sein –
man schunkelt mit Vergnügen mit
und kommt nur selten außer Tritt.

Der Werner ist ein Harnoncourt:
Der gibt nicht nach, bis dass man spurt.
Schon bilden sich zwei Frak-tionen,
wie man nun habe zu betonen
die Schlusskadenz von Dubois.
So etwas war schon lang nicht da.
Doch keine Angst, der kriegt das hin,
der kärntnerische Mister Bean.

Zwei Leute will ich noch erwähnen,
die immer sich nach Lachern sehnen:

Es hat die Eva, o wie nett,
für jede Nacht ein neues Bett.
Ein Appartement mit sieben Betten –
das gibt’s nur einmal. Woll’n wir wetten?
Doch Eva ist auch Öl-Expertin.
Wenn man zum Fandler geht und fährt hin,
wo Öle werden kaltgepresst,
erlebt man sie bei einem Fest.

Es ist nicht jeder Witzereißer
auch automatisch Blitzegneißer;
Es dauert, bis begreift den Schmäh
der Wolfgang mit dem weichen B.

Doch nun zu unserm Risen Star,
dem Pesl Nikolaus, na klar.
Nicht mehr allein der Schinder-Hannes,
nein, auch der Schinder-Niki kann es.
Schon kann er locker beim Altvordern
ein „Singst das Solo du?“ einfordern.
In der vokalen Gießerei
kommt ihm so bald jetzt keiner bei.

Er schlenkert mit den Armen wild,
wenn wir sind allzu outgechillt.
„Flink und mobil“ will er den Chor
und macht uns das gelenkig vor.
Man sieht, so ist es Nikis Wille,
die Welt durch eine „Taucherbrille“
und „hört“, selbst wenn wir tiefer tauchen,
wie das „Gehirn beginnt zu rauchen“.

Er predigt laut die „Lust am Weg“
und führt behutsam übern Steg
durch manche Klangeswolk’ hindurch;
kehrt auf den Musikantenlurch;
verklebt das Loch im „Schweizerkäs“
und ist dabei auf niemand bäs.

Mal ist er ziemlich demokratisch
und ruft geradezu fanatisch
die Frauen auf, sich auszuwählen
„Tenöre des Vertrauens“, Seelen.
Dann wieder weist er die Kritik
am „Puddingziehen“ schroff zurück.

Er bringt, wenn auch mit manchen Mühen,
den „Kaktus“ durch den Chor „zum Blühen“
und nimmt mit pubertärem Charme
die arme Oma auf den Arm.
Schon bricht der Chor gewaltig los,
wo er verlangt ein „Harret“ bloß.

Hier brech ich ab, ’s ist fünf vor zehn,
um endlich meinen Mann zu stehn.
Kommt wieder auf die Hirschbirninsel,
zu lauschen Leas lieb Gewinsel
und alle auf den Mund zu küssen,
die gerne wollen, was sie müssen.

Und schon ist mein Gedichtlein um.
Jum Dadijum Dadijum Dum Dum!

 

Wolfgang Bahr

Gästehaus JUFA Pöllau
Samstag, 12. Juli 2014, 21:55 Uhr

 

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