30 Jahre Sommersingwoche aus dem Blick des Chorleiters   

A

ars 

amicitia (Freundschaft)

M

musica

musica (Gesang)

F

ferialis

fides (Kirche)

Hannes und Wolfgang haben mich recht bescheiden um eine Seite Text gebeten. Darin soll ich unsere Singwochen aus dem Blickwinkel des Chorleiters anschauen. Dazu brauche ich wohl ein wenig mehr Platz, um einige Eindrücke wiederzugeben. So müsst ihr halt beim Lesen ähnliche Geduld aufbringen, die ich euch oft beim Singen in diesen drei Jahrzehnten abverlangt habe.

Was hat mir an den Sommersingwochen Freude gemacht? Ich will es etwas schematisch und vergröbert sagen. Im 1. Jahrzehnt war es die Idee, eine Woche in den Ferien als Chor zu singen, in die Tat umzusetzen. Da ging es mir – heute weiß ich es und gebe es auch gerne zu – um meine Selbstbestätigung. Es war irgendwie berauschend, dass sich so viele (damals noch ganz junge) Leute auf dieses Sommerabenteuer eingelassen haben. Wir haben fast 2 Bände "ars musica" ausgesungen.

Im 2. Jahrzehnt ging es mir ganz stark um Chorliteratur von Heinrich Schütz und Hugo Distler, soweit diese Meister für uns erreichbar waren. Und ich glaube, wir alle sind daran gewachsen.

Im 3. Jahrzehnt begann wieder eine Suche bei der Chorliteratur und es gab dabei ganz kostbare Entdeckungen: Oldies im Chorsatz, Volksmusik aus allen Ecken bis nach Tschechien, jüdische Lieder und nebenbei entstanden Melodien und Sätze zu sehr anspruchsvollen Texten aus dem kirchlichen Stundenbuch.

Wenn das eine oder andere "angekommen" ist, war es mir eine Freude, auch wenn ich mit der musikalischen Gestalt nie ganz zufrieden bin.

Nach den meisten Singwochen habe ich gleich noch im Sommerurlaub begonnen, für das nächste Jahr zu planen.

Auf Zeitungsrändern und Rätselheften habe ich Chorsätze gekritzelt, habe meist auch ein übergreifendes Thema für das kommende Jahr gefunden. Im Nachhall einer leuchtenden und klangvollen Sommerwoche war das nie Arbeit, sondern Nachfreude und Vorfreude zugleich. Etwas nüchterner wurde die Sache dann, als es im Frühjahr darum ging, die Druckvorlagen fertig zu kriegen, Noten zu schreiben, die Strophentexte singbar unter die Noten zu schreiben etc.

Sehr nachdenklich hat mich der Pfingstsonntag des Jahres 1998 gemacht. Von einer Stunde zur anderen hatte ich durch eine Viruserkrankung meine Stimme verloren: Kein Wort und Ton kam mehr aus meiner Kehle, und das für Wochen.

Die Sommersingwoche ist nicht ausgefallen: Hannes und Bigi haben sie gerettet. Was mir dabei an wertvollen Erkenntnissen zugekommen ist: dass unsere Stimme ein ganz sensibles, kostbares Geschenk ist und gar keine Selbstverständlichkeit, die mit entsprechendem Training funktionieren muss. Seit diesem Sommer – meine ich – in ich noch toleranter geworden gegen falsche Töne, bei der Ermüdung im Singen, bescheidener in den Erwartungen, was den chorischen Erfolg angeht.

Ich will hier auch die häufigen Zweifel und Unsicherheiten nicht verschweigen, die mich befielen, wenn ein musikalisches Programm für die Singwoche fertig war: Ist das nicht zu schwer, ist da nicht zu vieles geistliches und frommes Zeug dabei, werden die weltlichen Lieder ankommen, gehe ich mit meinen eigenen "Werklein" nicht auf die Nerven und werden die Sänger aus vornehmer Höflichkeit irgendwie Ja dazu sagen usw.? Und da ist in der Vorbereitungszeit oft bis zuletzt die große Ungewissheit gewesen: Werden genügend Anmeldungen für die einzelnen Stimmen kommen, so dass es ein ausgewogener Chorklang werden kann?

Und wenn ich oft sehr verhetzt von der Schulschlussarbeit in die Singwoche hineingekommen bin – in den letzten Jahren war das leider oft der Fall – quälte mich die Frage: Warum tue ich mir das alles immer wieder und immer noch an? Aber die Teilnehmer der Woche und nicht selten auch die Kinder haben mir im Lauf der Tage Sicherheit und die Gewissheit gegeben: Was du hier gemeinsam mit lieben Leuten tust, das ist richtig und wichtig! Und es waren meist die Gottesdienste zum Abschluss, die uns alle vor dem Auseinandergehen beglückt hatten. Da war ein Chor besonders schön gelungen; da sind uns ein Pfarrer, eine fremde Gemeinde mit Herzlichkeit begegnet; da wurde uns aus einem kurzen Gespräch mit völlig fremden Leuten bewusst, dass wir sie mit unserer Musik und Mitgestaltung des Gottesdienstes beschenkt hatten.

Wofür ich sehr dankbar bin: dass mir schon in den ersten Jahren Wolfgang und Renate die organisatorischen Dinge aus den Händen genommen haben. In unermüdlicher Kleinarbeit und weiter/weiser Voraussicht sind sie am Werk, sonst würde das Unternehmen AMF vielleicht schon eine abgeschlossene Geschichte sein und wir könnten dieses Jahr keineswegs mit Stolz auf drei Jahrzehnte Sommersingwochen und 25 Adventsingen in Spillern zurückschauen.

Wo meine Freude am tiefsten geht und was mir immer noch die Kraft und Motivation gibt – und ich meine, nicht nur mir allein –, das war und ist unser mehrfaches Motto. Damit haben wir damals mit Toni Grill und seinen jungen Leuten in Senftenberg begonnen. Nach Ottokar Kernstock heißt es dazu: "Der Vogel singt, nicht weil er gefallen will, sondern weils gefällt."

Oder nach Goethe: "Ich singe, weil der Vogel singt, der in den Zweigen wohnet; das Lied, das aus der Kehle dringt, ist Lohn, der reichlich lohnet!" Die weiteren Worte des Zitates gehören schon zum Punkt 2 ("Doch darf ich bitten, bitt ich eins: Lass mir den besten Becher Weins in purem Golde reichen.") Wir sind und bleiben Amateure – Liebhaber!

Das Zweite betrifft die Freundschaft: Wir alle spüren, wie viel Freude, Hilfe, auch Trost und Zuversicht nehmen wir aus dieser sommerlichen Woche für ein ganzes Jahr mit!

Und das Dritte ist unsere Verankerung in der Kirche. Gerade weil wir unsere Kirche mögen, leiden wir an ihr, kritisieren wir so vieles. Aber wir alle wissen uns in der Verantwortung immer wieder neu herausgerufen, für die Frohbotschaft des Evangeliums zu singen und nach ihr unser Leben zu gestalten.

Als wir vor vielen Jahren nach einem Namen für unser Unternehmen suchten, fanden wir "ars musica ferialis" – AMF. Und das sind auch die Anfangsbuchstaben unseres dreifachen Mottos: amicitia – musica - fides

Franz Forsthuber

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