40. Singwoche
Kiritein 2011

Auch dieses Jahr ihr bleibt verschont
von dem nicht, das ihr seid gewohnt.
Es ist das leidige Gedicht,
der Nachtisch zu dem Hauptgericht.
Was aber soll ich euch servieren?
Dreischichtenstrudel präsentieren,
mit Früchten ein Kompott bereiten
oder gar auf Rätseln reiten
mit einem Überraschungskuchen,
in dem ihr müsst Rosinen suchen?
Ich könnte ja auf Tschechisch dichten,
sodass ihr es versteht mitnichten.
Allein, die Mühe wär zu groß,
ich bleib beim Deutschen wie in Sooß.

Mit welchem Thema steig ich ein
ins Schlussgedicht von Kiritein?
Wenn nach dem Einstieg ich mich seh um,
so stoß ich auf ein Jubiläum,
und beinah wäre es ein doppelts,
bei dem es naheliegt, man koppelts.
Gefeiert hat man hier im Vorjahr,
bevor im Ort zu Gast der Chor war,
achthundert Jahre schon der Wallfahrt
und darauf folgt nun heuer knallhart
das frohe Vierzig-Jahr-Gedenken,
das wir uns diese Woche schenken.
Vergleicht man es mit dem von Křtiny,
ist dieses Jubiläum mini,
doch uns bedeuten eine Menge
schon vierzigjährige Gesänge.

Anstatt dass sich Legenden ranken,
wir wissen, wem wir sie verdanken.
Im Jahr des Heiles zweiundsiebzig
die kleine Sängerschar ergibt sich
in Senftenberg zum ersten Mal
der sommerlichen Probenqual
und flicht seither den Führerkranz
dem Leiter, dem Forsthuber Franz.
Der ist zum Glück noch immer da
und nennt sich jetzt Agricola.
Das Silva, das vorangestellt
und auf Latein den Forst enthält,
passt trefflich zu dem hehren Haus,
das diesmal wir uns suchten aus.

Es dient ja heute, sagt die Doku,
dem Brünner Gegenstück der Boku;
und ihrem Namensgeber Mendel
entspricht es, dass man hier nicht Händel
und Mozart, sondern Mendelssohn
zumindest probt um Gotteslohn.

Des frommen Forschers wir gedachten,
als einen Trip nach Brünn wir machten.
Mit Autos und mit Straßenbahn
man pirscht sich an die Stadt heran
und strebt, von Hitze rasch ermattet,
zu Orten, welche mehr beschattet.

An solchen Orten herrscht kein Mangel
im Karste, wo mit viel Gerangel
das Volk aus aller Herren Ländern
sich drängt an eines Schlunds Geländern.
Wir drängten uns als Lämmer dicht
im Macocha’schen Dämmerlicht
und sangen auch – ihr wissts es eh –
ein frommes Liedchen aus Taizé.
Ward uns auch freundlich zugewunken:
So tief sind wir noch nie gesunken.

Zum Zweck der Kälteschockvermeidung
es wirft in winterliche Kleidung
die Eva sich: Wie in der Mandschu-
rei vielleicht sie geht mit Handschuh.
Beim Proben nahe dem Klavier
sitzt sie auf Nadeln als Fakir.

Uns einen Schock der andern Art
der Niki diesmal nicht erspart:
Um ihre Schwächen zu entblößen
verabreicht mit Elektrostößen
der Jungstar seiner Sängerrunde
ganz crispy jetzt die Rosamunde.
Wie mit dem Metronom exakt
wird jetzt geloopt der erste Takt
und wehe, dass noch wer beruft:
Jetzt wird fürs Erste mal gegroovt.
Der sich bekennt zu seinen Wurzeln,
lässt Worte jetzt und Töne purzeln
und füttert uns mit Kompetenz,
auf dass der Chor beim Abschluss glänz.
Oh Hannes, siehe deinen Sohn,
das hast du eben jetzt davon!

Dem Vater wiederum verdanken
Erkenntnis wir und auch Gedanken.
Ich sag nur, ohne Ton des Spottes:
„Das Schaf ist nicht das Haustier Gottes.“
Eins mit dem Sohne aber ist er
als eingefleischter Altphilister,
dass Wecken etwas Böses sei
und morgens eine Tyrannei.

Ein andrer, der uns lange kennt
als Sänger wie als Dirigent,
ist Werner. Er erfand nicht nur
für sich die Kärntner Tastatur.
Bisweilen, wenn Musik er lebt,
er engelsgleich vom Boden hebt
und zu den Engeln sich gesellt,
die in der Kirche aufgestellt.

Es hat an ihrem Fingale
vom lieben Gott ein Ringale
auch Martha, welche komplettiert
das DirigentInnen-Geviert.
Zugleich sie stützt ganz wunderbar
in Poysdorf unsern Wolfgang Paar.

Der trägt schon seit Urzeiten fast
die Organisatorenlast,
seit nunmehr auch schon drei Jahrzehnten
von der bisher noch nicht erwähnten
Renate unterstützt, die eben
die ersten fünfzig Jahre Leben
mit uns gefeiert und begossen.
Ich habe dieses Mal genossen
das Chorteam als ein Substitut
und kann nur sagen: Die sind gut.
Ihr ahnt ja gar nicht, was für Fragen
an diese zwei herangetragen
im Lauf der Vorbereitung werden
und nachher noch dazu Beschwerden:
Wie komm ich hin, wie krieg ich weg
von einem Hund im Gatsch den Fleck?
Man fleht schon morgens an Renate
um wenig Fleisch und mehr Salate
und überhaupt: Wie komm ich rein
in dieses Schloss in Kiritein?

Beim partnerschaftlichen Konzert
ist der Franz Ernst von großem Wert
und er vermittelt unverzagt,
auch wenn ein Ausflug wird vertagt.

Der Franz Forsthuber wiederum
ist ganz zu Haus im Heiligtum.
Zu singen hinter dem Altare
erweist sich doch nicht als das Wahre,
denn Pfarrer Peňáz lieber hats,
singt man von einem andern Platz.
Doch schließlich ward auch der gefunden,
und diese Kirche zu erkunden –
das Raumerlebnis, die Akustik –
war spannend und im Wortsinn lustig.

Wie in der Kirche so im Schlosse
es wohlerging dem Sängertrosse,
und da er freundlich aufgenommen,
so will er auch gleich wiederkommen.
Und mir ein Stein vom Herzen fällt,
dass ihr in diese neue Welt
gefolgt uns seid und sagt: Wie nett.
Drum hebt das Glas und ruft: Na shled!

 

Wolfgang Bahr

Schloss Křtiny
Samstag, 16. Juli 2011

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