Stadtpfarrkirche Poysdorf (1629 - 1635) |
Die Johanneskirche
Wie die Inschrift über dem Hauptportal auf der Südseite der
Stadtpfarrkirche berichtet, erbauten die Bürger Poysdorfs „zur Ehre und zum
größeren Ruhme des allmächtigen Gottes, zur Verehrung der allerseligsten
Jungfrau Maria und aller Heiligen“ in den Jahren von 1629 bis 1635 eine
Pfarrkirche, die am 18. September 1640 vom Passauer Weihbischof Bartholomäus
Kober dem hl. Johannes der Täufer geweiht wurde. Bereits Jahrhunderte
früher muss sich auf dem 225 m hohen Hügel ein Kirchenbau oder zumindest eine
Taufkapelle befunden haben.
Die Poysdorfer Johanneskirche ist
ein frühbarocker Saalbau mit einem 56 m hohen Südturm, der 1864 neu erbaut und
mit einem barocken Helm bekrönt wurde. In der Nord- und
Südfassade sind zwölf Rundbogennischen zu sehen, in denen vermutlich die
zwölf Apostel stehen sollten. |
Die Stadtpfarrkirche Poysdorf (1629 - 1635)
hat
den hl. Johannes d. Täufer zum Patron.
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An der
Westfassade erhebt sich weithin sichtbar ein dreifacher Volutengiebel
mit einer Madonnenfigur im mittleren Giebelfeld. Das Portal ziert eine Steinfigur von Johannes dem
Täufer. Links vom Portal befindet sich das Epitaph von Pfarrer Josef Groszhaupt († 1785) mit einem
Relief der Auferweckung des Lazarus.
Das große hölzerne Kreuz rechts vom Haupteingang erinnert an die
Volksmissionen der letzten Jahrzehnte. |
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Der Innenraum der Kirche präsentiert sich dem Besucher
als hoher einschiffiger Saalraum mit halbrunder Apsis und
beidseitig mit je drei rundbogigen Nischen,
von denen vier mit Altären
und eine mit dem Taufbrunnen ausgestattet sind. Die sechste Öffnung wölbt sich
über den Haupteingang. Die Ausstattung der Kirche ist spätbarock und stammt
größtenteils aus der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts.
Links vom
Haupteingang erhebt sich eine zweigeschossige dreiachsige
Empore aus dem Jahr 1780, welche
die barocke Hauptorgel (1796) von Wenzel Okenfus trägt. Der Bereich unter der Empore mit stufenförmig angelegten
Kirchenbänken wird „Reitschule“ genannt. Der Name erinnert an den 30-jährigen
Krieg, als schwedische Soldaten unter der Führung von General Torstensson im
Jahre 1645 nach Poysdorf kamen, die Kirche als Festung benutzten und ihre
Pferde hier einstellten.
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Hochaltar
Der Hochaltar besticht besonders
durch das Altarbild, das der Schule des
Kremser Schmidt zugeschrieben
wird. Es zeigt die Taufe Jesu im Jordan mit dem Kirchenpatron Johannes der
Täufer. Zwischen den hohen Doppelsäulen, die das
Altarbild rahmen, befinden sich die Statuen der beiden Apostelfürsten
Petrus und Paulus.
Über dem Altarbild blickt aus den Wolken Gott Vater herab. Neben dem barocken,
vergoldeten Tabernakel knien zwei Cherubim. Am Beginn des Chores stehen an den
vier Mauerpfeilern die Heiligen
Florian und Leopold, der Landespatron von Niederösterreich,
sowie
Karl Borromäus und Johann Nepomuk. Das Chorgestühl mit reichem
Akanthusdekor aus 1657 stammt aus dem ehemaligen
Kapuzinerkloster,
das 1788 von Kaiser Joseph II. aufgelöst wurde. Die Kirchenbänke sind aus dem
Jahr 1766.
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Fastentuch
Alljährlich zur Fastenzeit wird das Altarbild von einem modern
gestalteten Fastentuch verhüllt. Die vom Weinviertler Künstler
Hermann Bauch
(1929 - 2006) geschaffene Stoffapplikation zeigt Symbole des Leidensweges Jesu vom Verrat am
Ölberg bis hin zur Kreuzigung.
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Altar und Ambo Bei
der Kircheninnenrenovierung im Jahr 2012 wurden Ambo und Volksaltar aus dem
Jahr 1970 durch Steinbildwerke ersetzt. Der grob behauene untere Teil von
Altar und Ambo aus weißem italienischem Marmor wirkt wie ein Fels, der aus dem
Boden des Kirchenberges herauswächst. Die glatt polierten Teile sind mit einer
goldenen Inschrift versehen, die am Altar horizontal, am Ambo vertikal
verläuft.
Sechs Heilige, die einen Bezug zu
Poysdorf haben, fanden ihren dauerhaften Platz in der Kirche als Reliquien im
neuen Altar, der am 16. Dezember 2012 von Kardinal Christoph Schönborn geweiht
wurde: die Heiligen Franz von Assisi und Bernhard von Clairvaux
(Seitenaltäre), der hl. Papst Urban I. (Schutzpatron der Winzer), der Apostel
Jakobus der Ältere (Jakobsweg Weinviertel), die hl. Apollonia und der 1991
selig gesprochene Adolph Kolping (Kolpingeinrichtungen in Poysdorf). |
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Sakristei
Die Sakristei wurde im zweiten
Viertel des 17. Jahrhunderts erbaut. Sakristei und das gegenüberliegende
Turmerdgeschoß, in dem ein Aussprachezimmer untergebracht ist, haben
Kreuzgratgewölbe. Die
Pietà im
Turmerdgeschoß wurde um 1700 angefertigt. |
Seitenaltäre
Die beiden vorderen Seitenaltäre - sie stammen wie der Hochaltar
aus dem 18. Jahrhundert - zeigen Statuen
der Gottesmutter Maria und des hl. Josef. Vor den Säulen des Marienaltars stehen die Figuren des hl.
Antonius Einsiedler und eines Pilgerheiligen. Beim Josefsaltar
stehen die Statuen der Heiligen Elisabeth und ihres Sohnes Johannes der Täufer.
Erwähnenswert in der Nische des Josefsaltars
ist ein Bild des hl. Sebastian mit der Aufschrift „Contra luem mortis, sis
Athleta fortis, 17 Jakobus Frid 32“ (Gegen die Seuche des Todes mögest du ein
starker Kämpfer sein. Jakob Frid, 1732). Auf der gegenüberliegenden
Seite beim Marienaltar zeigt das Bild die hl. Apollonia, Schutzpatronin gegen Zahnschmerzen.
„A dentium cruciatu tutrix“ (Du
Bewahrerin vor Zahnschmerzen) lautet die Unterschrift unter dem Bild,
das die Jahreszahl 1729 trägt.
Beide Bilder gehören zu einem Zyklus von vier Votivbildern (Sebastian,
Apollonia, Rochus und Rosalia), welche die Wilhelmsdorfer Bevölkerung einst
der Wallfahrtskirche Ma. Bründl gestiftet hat. Die anderen zwei Bilder des
Zyklus hängen derzeit in der Barbarakapelle des einstigen Bürgerspitals von
Poysdorf.
Das Altarbild am linken hinteren
Altar zeigt die Stigmatisation (= Tragen
der Wundmale Christi) des hl. Franz von Assisi.
Es ist ein Werk Mainardis aus Bologna (1740). Begleitet wird es von Figuren des
heiligen Kaiserpaares Heinrich und Kunigunde (oder Salomon und die Königin
von Saba). Auf dem Gebälk werden die Heiligen Scholastika und Katharina dargestellt.
Der rechte rückwärtige Altar zeigt im Bild den hl. Bernhard von
Clairvaux. Den
Altarraum zieren die Statuen der Heiligen Wolfgang und Bonifazius.
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Marienaltar |
Hl. Sebastian beim Josefsaltar |
Kanzel und Kruzifix
Die spätbarocke Kanzel aus der Zeit um 1770 verfügt über reichen figuralen Dekor. Am Korpus ist ein
Relief "Guter Hirte" zu sehen, unten herum die vier Evangelisten Matthäus (Engel),
Markus (Löwe), Lukas (Stier) und Johannes der Evangelist (Adler). Auf dem
Schalldeckel thront der Kirchenpatron Johannes der Täufer
mit Putten und Attributen der drei göttlichen Tugenden:
Glaube, Hoffnung und Liebe.
Der Kanzel gegenüber befindet sich ein Kruzifix (Anfang 16. Jh.)
das gemeinsam mit der Statue der trauernden Maria Magdalena (Anfang 18. Jh.)
ein gelungenes Ensemble bildet. An den Langhauswänden befinden sich noch
weiß gefasste barocke Konsolfiguren der Heiligen Antonius von Padua und
Petrus Canisius. |
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Gnadenbild von Vranov
Das wohl interessanteste Gemälde in unserer Kirche ist ein
Votivbild in der Nische des Franziskusaltares, das die Bevölkerung
1681 als Dank für die Verschonung von der Pest stiftete. Im oberen
Bereich zeigt das Bild eine Darstellung des Gnadenbildes von Vranov,
einem Wallfahrtsort nördlich von Brünn. Im unteren Bereich ist die älteste
bildliche Darstellung des damals befestigten Marktes Poysdorf. Das Gegenstück
dieses Votivbildes befindet sich in Vranov.. |
Das neu renovierte Votivbild aus dem Jahr 1681: Gnadenbild von Vranov
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Taufbecken
Das
Taufbecken in der Nische gegenüber dem Haupteingang steht entsprechend der
ursprünglichen kirchlichen Gepflogenheit am Beginn des Kirchenbesuchs, um die
Taufe als Eintritt in die kirchliche Gemeinschaft auszudrücken.
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Taufbecken |
Okenfus-Orgel
1685 stiftete der Poysdorfer Grundrichter Valentin Pacher eine erste Orgel für die
Pfarrkirche in Poysdorf. Im Jahre 1796 errichtete der Orgelbauer Wenzel
Okenfus aus Mistelbach die Hauptorgel mit 20 Registern, der Spieltisch hatte
zwei Manuale. 1937 baute der Wiener Orgelbauer Ferdinand Molzer die alte Orgel
grundlegend um. Das wertvolle Gehäuse und etliche Pfeifen blieben erhalten.
Das Werk hatte danach 32 Register und 3 Manuale. |
Okenfus-Orgel aus 1796 |
Wegen gefährlicher Schäden und Brandgefahr musste das Instrument im Frühjahr 2011 stillgelegt werden.
Nach der Generalinnenrenovierung der Kirche (2012) wurde die Orgel 2014
abgebaut und von Orgelbaumeister Ferdinand Salomon (Leobendorf, NÖ) restauriert. Dabei wurde
besonders auf die originalgetreue Rückführung auf Okenfus nach dem Typus der
südböhmischen Barockorgel geachtet. Das 1937 verschlossene Westfenster wurde
wieder freigelegt. Die vollständig restaurierte Orgel wurde am 3. November
2019 von Weihbischof DI Mag. Stephan Turnovszky im Rahmen einer Festmesse
feierlich gesegnet.
Die neue Orgel hat jetzt 29 Register, 2 Manuale und 1998 Pfeifen. |
Okenfus-Orgel nach der Restaurierung 2019 |
Das Orgelpositiv
im Altarraum
Die kleine Chororgel aus dem Jahre 1766
befand sich früher auf der Empore über dem Sakristeieingang, umgeben von einer Chorbrüstung. In der Vorkriegszeit
haben hier noch Frauen eifrig musiziert, daher der Name "Frauenchor".
1983 wurde dieses desolate und unspielbare
Werk über Initiative des Stadtkirchenchores Poysdorf vom Orgelbaumeister
Ferdinand Salomon fachgerecht restauriert, neben dem
Hochaltar neu aufgestellt und 1984 durch
Erzbischof Dr. Franz Jachym geweiht. Seither wird dieses Instrument mit 5
Registern bei Messen (Roraten) und kleineren liturgischen Feiern, in Konzerten
und Hochämtern gespielt.
Mit ihrem für diese Zeit unkonventionell
angehängtem Pedal ist sie das einzige dieser Art erhalten gebliebene
Positiv Niederösterreichs und wird oft und oft bewundert.
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Kleine Chororgel aus 1766
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Friedhof und Wehrmauer
Gegen Ende des 17. Jh. wurde um die
Pfarrkirche eine große Wehrmauer mit Schießscharten errichtet. Sie sollte der
Poysdorfer Bevölkerung Schutz vor den Türkeneinfällen bieten. Die Mauer war
auch mit einer Zugbrücke versehen.
In der ehemaligen Kirchhofmauer sind
zahlreiche Grabsteine des nach 1677 angelegten und 1889 aufgelassenen
Friedhofs eingemauert, einige davon mit bemerkenswerten barocken
Gnadenstuhlreliefs zum Teil aus der
ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts. Besonders interessant ist ein Grabstein,
der aus einem kombinierten Gnadenstuhl- und
Pieta-Relief
besteht. An der Südseite befinden sich die Gräber der Poysdorfer Pfarrer.
Der letzte Geistliche, der hier begraben wurde, war
Dechant
Leyendecker im Jahre 1973. |
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Mesnerhaus
Das Mesnerhaus an der Westseite der Kirche
wurde im Zuge der Neugestaltung des Kirchenvorplatzes generalsaniert. Es stand
zuerst frei neben der Kirche, die ältesten Teile stammen aus dem Mittelalter,
der Anbau aus dem 19. Jahrhundert. Durch das
Mesnerhaus führt nunmehr ein behindertengerechter Zugang zur Stadtpfarrkirche,
der durch die Errichtung einer Holzbrücke über den Kirchengraben möglich wurde. |
Unterkirche
An der Außenwand der Apsis führt eine Treppe hinunter zum
vermutlich ältesten Teil der Kirche, der sogenannten „Gruft“,
die über Jahrhunderte als Karner diente. Dort wurden die Gebeine der Toten
aufbewahrt, die nach 10 - 15 Jahren aus dem alten Friedhof wieder ausgegraben
wurden, weil der Platz für die vielen Verstorbenen nicht reichte. Irgendwann
in der Vergangenheit wurde das Beinhaus zugemauert. Sicher ist, dass der
verbliebene Raum in Kriegszeiten immer wieder als Versteck für Geld und
Wertsachen diente. Gegenwärtig wird die Unterkirche vor allem von der Jugend
für verschiedene Veranstaltungen genützt. |
Die Unterkirche mit dem ehemaligen Beinhaus, das jetzt
zugemauert ist (Archivbild). |
Die „Brückenheiligen“
Bei den Stiegenaufgängen zur Kirche befinden sich 4 Heiligenfiguren: Florian,
Antonius, Franz Xaver und Johannes Nepomuk. Ihr ursprünglicher Platz war an
der „Steinernen Brücke“ neben dem Rathaus. Im Zuge der Straßenverbreiterung
Ende des vergangenen Jahrhunderts wurden die Heiligenfiguren von dort entfernt
und später bei den Kirchenaufgängen aufgestellt. |
Hl. Johann Nepomuk |
Biblischer
Wein:Stadt:Pfad
Die Weinstadt Poysdorf hat seit der Markterhebung im Jahr 1582 das Motiv der
Kundschafter im Wappen. Im Zuge der Dorf- und Stadterneuerung wurde dieses
biblische Motiv als Denkmal auf dem Weinmarktplatz in Poysdorf errichtet. Bei
der näheren Auseinandersetzung mit dem Thema Wein in der Bibel erfährt man,
dass fast 500 mal in der Bibel die Rede vom Wein, der Rebe oder vom Weinbau
ist. Glastafeln rund um die Stadtpfarrkirche am Kirchenberg „verkünden“ still
entlang des Weges die biblische Botschaft. Dass Wein auch für Christen ein
gottgefälliges Getränk ist, darf guten Gewissens angenommen werden. Der
biblische Wein:Stadt:Pfad
im ehemaligen Wehrgraben rund um die Stadtpfarrkirche Poysdorf lädt Sie ein
zum Gehen, zum Nachdenken und Verweilen. Er bietet Ihnen Orientierung für
Ihren Glauben, Ihr Leben, Ihre Liebe und Ihre Gesundheit. |
Biblischer Wein:Stadt:Pfad |
Weitere
sakrale Orte in der Pfarre |
Passionskapelle mit „Weinviertler
Kreuzweg“
Die
Passionskapelle "Zur schmerzhaften Mutter"
in der Brunngasse 16 wurde erst 1999 gesegnet. Der Raum wurde von Lothar Ämilian
Heinzle zum biblischen Thema der Passion Christi konzipiert. Als „Weinviertler
Kreuzweg“ bezeichnet der Künstler die 14 mit Leinen bespannten und mit Wachs
bearbeiteten Platten, die von 13 Rebstock-Kombinationen unterbrochen werden.
Farblich in gelb, rot und schwarz gehalten, berichten die Bilder mit Hilfe
einzelner Wörter vom Leidensgeschehen. Bei der Einrichtung der Kapelle wurde
große Rücksicht auf die Tafeln genommen. Ein großes Glasfenster, den Kreuzestod
auf Golgatha symbolhat darstellend, bildet mit Altar, Ambo, Tabernakel und mit
dem Weinviertler Kreuzweg eine harmonische Einheit.
Die Kapelle ist täglich von 9:00 bis
17:00 geöffnet. |
Ausschnitt aus dem Weinviertler Kreuzweg |
Wallfahrtskirche Maria Bründl
Die 1751 erbaute
Wallfahrtskirche Maria Bründl liegt
am westlichen Stadtrand nahe der Bundesstraße Richtung Laa/Thaya im Ortsteil
Wilhelmsdorf. Das sagenumrankte Gnadenbild aus dem Jahr 1657 und das Bründl
rechts von der Kirche mit heilsamem Wasser bilden wesentliche Elemente der
Wallfahrtskirche, zu der die Gläubigen traditionell zu den Festen Maria
Heimsuchung am 2. Juli und Maria Geburt am 8. September pilgern.
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Der Jakobsweg Weinviertel führt diekt an der
Wallfahrtskirch Maria Bründl vorbei. |
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